Ab in die Winterpause. Dieses Motto gilt zumindest für alle Nicht-Nationalspieler. Während sich die Bundesliga bereits am zurückliegenden Wochenende in eine relativ lange Pause verabschiedet hat, wird am Sonntag die Weltmeisterschaft in Katar eröffnet. Ich habe mich im Vorfeld der WM intensiv mit der Vergabe und den Gegebenheiten in diesem Land beschäftigt. Unzählige Dokumentationen und Diskussionsrunden liefen auf meinem TV-Bildschirm. Das Fazit: Diese Weltmeisterschaft interessiert mich überhaupt nicht.

Die fast schon kindliche Vorfreude, die ich nahezu vor jeder WM oder EM hatte, ist ohnehin seit einigen Jahren verflogen. War das System Profifußball schon vor Jahren krank, so ist es mittlerweile unheilbar krank. Diese fast schon bis zur Schmerzgrenze inszenierten Events holen mich einfach nicht mehr ab. Ganz im Gegenteil. Die Abneigung wird immer größer. 

Die WM hat in so einem Land nichts zu suchen. Wer ernsthaft behauptet, dass sich die Gegebenheiten erst durch die Austragung verbessern würden, spottet über die vielen Menschen, die ihr Leben auf den Baustellen gelassen haben und über diejenigen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung gefoltert und verfolgt werden. Reaktionen oder klare Bekenntnisse gegen diese Menschenrechtsverletzungen gibt es nicht. Die Profis, die eher damit beschäftigt sind, sich selbst zu vermarkten, vermeiden klare Aussagen. Wenn ein Spieler ernsthaft behauptet, sich erst während der WM ein Bild machen zu wollen, vergisst ein entscheidendes Detail. Die Spieler leben nicht in der Welt der Zwangsarbeiter. Sie sind in einem abgeschotteten Bereich, werden logischerweise keinen Sklaven auf der Straße sehen. Ein Trauerspiel. 

Es hätte keine bessere Zeit gegeben, um diese WM zu boykottieren. Möglicherweise war es kaum so einfach wie heute, Veränderungen anzuschieben und den Wandel voranzutreiben. Ein Zusammenschluss von mehreren Spielern oder Verbänden, hätte die ganz WM in Wanken bringen können. Wer Spieler und Verbände verteidigt, den kann ich einfach nicht verstehen. Gerade die überbezahlten Profis können ihren Willen doch immer dann durchdrücken, wenn es um den eigenen Vorteil geht. Zum Beispiel bei Wechseln oder Vertragsverlängerungen.  Aber wenn es um offensichtliche Menschenrechtsverletzungen geht, hangelt man sich lieber von einer Phrase zu nächsten. Die Spieler können etwas verändern und sollten sich nicht vor der Verantwortung drücken. Sport und Politik hat man in der Vergangenheit immer getrennt voneinander diskutiert, heutzutage ist das nicht mehr möglich. Es ist sogar wichtiger geworden, dass der Sport den Wandel vorantreibt. 

Wie kann ich mir all das also schönreden? Wie kann ich in den nächsten Wochen vor dem Bildschirm sitzen und mir das ein oder andere Fußballspiel ansehen? Die Antwort ist relativ einfach: mit der typisch deutschen Doppelmoral. Denn sein wir ehrlich, beim Thema Doppelmoral sind wir schon längst Weltmeister.

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