Zwischen dem 21. November und 18. Dezember findet im Wüstenstaat Katar die Fußball-Weltmeisterschaft statt. Mit gerade einmal 28 Tagen ist die WM die kürzeste aller bisherigen Weltmeisterschaften. Über sportliche Themen wird seit geraumer Zeit aber kaum geredet. Zu viele Themen abseits des Fußballfeldes sorgen für berechtigte Diskussionen, ob ein Land wie Katar überhaupt eine Fußball-WM ausrichten darf. Nun liefert eine gemeinsame Recherche dreier skandinavischer TV-Sender weitere Brisanz.

Wie die Sender NRK (Norwegen), DR (Dänemark) und SVT (Schweden) gemeinsam herausfanden, lehnen offizielle WM-Hotels die Beherbergung von Schwulen ab. Die Rechercheteams der TV-Sender gaben sich als schwules Paar aus und fragten bei insgesamt 69 offiziellen WM-Hotels der Fifa ein Zimmer an. Das „verheiratete“ schwedische Pärchen wollte demnach seine Flitterwochen in Katar verbringen, unabhängig von der WM. Insgesamt antworteten 56 der 69 Fifa-Hotels. Erschreckend dabei, gleich drei Hotels gaben an, dass sie das schwule Pärchen nicht aufnehmen werden. Dabei handelt es sich nach Angaben der skandinavischen Journalisten um das „Torch Doha“, das „Magnum Hotel & Suites Westbay“ und das „Wyndham Grand Regencey“. In einer Rückmeldung des Hotels heißt es: „Vielen Dank für Ihre Frage, aber gemäß unserer Hotelpolitik können wir Sie nicht aufnehmen.“ Eine weitere Begründung lautete: „Homosexuelle Paare werden nicht akzeptiert.“

Weitere Hotels, insgesamt 20, würden nicht wollen, dass die Gäste zeigen, dass sie schwul sind. In der Vergangenheit habe es Vorfälle gegeben, bei denen die Polizei Homosexuelle aus dem Hotel geholt hat. Laut Angaben des Hotels, sei das schwedische Paar willkommen, wenn es „anständig gekleidet“ sei und keine sexuellen Handlungen vollzieht. Im Wüstenstaat Katar ist Homosexualität grundsätzlich verboten und wird mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft. Schon Amnesty International hat in ihrem Jahresbericht 2021/22 darauf hingewiesen, dass Angehörige der LGBTQI+-Community systematisch überwacht werden. 

Die Rechercheteams der TV-Sender legten auch der Fifa ihre Auswertungen vor, doch das Statement der Presseabteilung fiel wie erwartetet schmallippig aus: „Die Fifa ist zuversichtlich, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, damit LGBTQI-Fans und andere das Turnier in einer einladenden und sicheren Art und Weise genießen können.“ Schon beim 72. Fifa Kongress Anfang März, gab sich Fifa-Präsident Gianni Infantino optimistisch, was die Situation rund um die LGBTQI+-Community während der WM betrifft: „Jeder wird sehen, dass jeder hier in Katar willkommen ist, auch wenn wir über LGBTQI+ sprechen.“ Worte, die man der Fifa nicht abnehmen kann!

Ohnehin dürfte jedem Fußballfan, der nicht gerade seine Augen verschließt, mehr als mulmig zu mute sein, wenn er an die WM in Katar denkt. Eine Weltmeisterschaft im November, Menschenrechte, die quasi nicht vorhanden sind und zahlreiche Bauarbeiter, die während der Bauarbeiten starben. Laut Angaben des ZDF sind seit Vergabe der WM nach Katar mindestens 15.000 Arbeitsmigranten ums Leben gekommen.

Nach Russland 2018, ist die Vergabe nach Katar ein erneuter Tiefpunkt für den internationalen Fußball. Fußballer und Verbände hätten schon relativ früh ein Zeichen gegen die Vergabe setzen können, doch es scheint so, als würden alle Beteiligten es vermeiden, Menschenrechtsverletzungen in Katar klar zu benennen und anzuprangern. „Es geht im Großen und Ganzen um Menschenrechtsverletzungen, die grundsätzlich in jedem Land auftreten. Auch in Deutschland gibt es Menschenrechtsverletzungen“, diese Aussage von Thomas Müller dient relativ gut als Beispiel für die zurückhaltenden Aktionen sämtlicher Fußballstars. Während nahezu jeder Spieler, Verein und Verband sich zurecht relativ schnell gegen den Krieg in der Ukraine ausspricht, vermisst man ähnlich klare Statements zur Situation in Katar.

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